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Aquatinta

Die Aquatinta (aqua fortis = Säure & tinta = dunkler Plattenton) gehört zu den chemischen, Wärme erzeugenden Tiefdruckverfahren und ist im 18. Jahrhundert von Jean Baptiste Leprince entwickelt worden.

 

Die Technik der Aquatinta beruht auf der Idee der Flächenätzung. Die geschliffene, glattpolierte Metallplatte wird gleichmässig mit Asphalt- oder Kolophoniumpuder bestreut, entweder von Hand mit einem Sieb, oder in   einem Staubkasten. In diesem geschlossenen Kasten wird der säurefeste Staub aufgewirbelt, danach wird die Platte eingeschoben und fängt den sich setzenden Staub mit der Oberfläche auf. Je nachdem, ob der Künstler die Platte früh oder erst später (wenn sich ein Grossteil des Staubs schon gesetzt hat) in den Staubkasten schiebt, kann er Einfluss nehmen auf die Dichte des Korns.

Je länger er mit dem Einschub der Platte wartet, desto feiner wird das Korn, da sich nur noch die leichten Staubpartikel auf der Platte absetzen. Die Dichte des Korns hängt davon ab, wie lange die Platte im Staubkasten belassen wird, da sich bei längerer Dauer mehr Staub auf der Platte ablagern kann.

Danach wird die bestäubte Platte von unten her so lange erhitzt, bis die Pulverschicht schmilzt. Die geschmolzenen, sich leicht berührenden Körnchen, die netzartig die Plattenoberfläche überziehen, ergeben einen porösen Grund. Diese Oberflächenstruktur, das sog. «Korn», kann auch aus verdunsteten und angeschmolzenen Harzpartikeln einer Harz-Alkohollösung, oder aus Salzen bestehen, die auf dünnem Wachsgrund durch Anschmelzen feine Löcher hinterlassen, durch welche im anschliessenden Säurebad die Ätze durchdringen kann. In einem weiteren Schritt werden alle Partien, die nicht geätzt werden sollen, mit Asphaltlack abgedeckt und die unbedeckten Stellen im Säurebad (Salpetersäure oder Eisenchlorid) aufgerauht, indem das freiliegende Metall zwischen den Körnchen weggeätzt wird. In kleinen Punkten ergibt nun das Korn den Flächenton. Die Dauer der Säureeinwirkung bestimmt die Tiefe der Ätzung, die wiederum die Tönung der Aquatinta beeinflusst.

Vor dem Druck wird die Platte von allen Deckungen gereinigt, eingefärbt, vorsichtig ausgewischt und erwärmt. Während die Druckerschwärze in den Vertiefungen sitzenbleibt, wird die Oberfläche der Metallplatte wieder völlig blank, damit nur die eingeätzte Darstellung gedruckt wird. Der Druck erfolgt auf befeuchtetes, saugfähiges Papier in der Tiefdruckpresse, in welcher Platte und   Papier auf einem Laufbrett zwischen zwei Walzen auf-einander gepresst werden. Auf das Papier werden vorher Drucktücher (weiche, gewebte Wollfilzen) gehäuft: sie saugen die Feuchtigkeit auf, während das Papier zwischen den sich langsam drehenden Walzen dermassen stark (und dennoch weich) auf die gefurchte Metallplatte gequetscht wird, dass es, in die Vertiefungen gezwungen, die dort haftende Druckerschwärze restlos aufsaugt.

Die Aquatinta wird meist in Kombination mit der Radierung angewandt. Reine Aquatintablätter sind selten. Die lineare Darstellung ist oftmals als Umriss radiert, so dass die zu ätzenden Flächen bereits bestimmt sind. Der Vorgang wird begonnen, indem die Platte mit einer dünnen Deckfirnisschicht überzogen wird, die man an jenen Stellen wieder entfernt, wo ein Ton erscheinen soll. Verschiedene Tönungen kann man erreichen, indem man den Ätzvorgang unterbricht, die Platte mit Wasser abspült, trocknet und die ganze Auflage druckt. Diejenigen Stellen, die nicht mehr dunkler werden sollen, werden abgedeckt, die anderen in der nächstdunkleren Stufe geätzt und in der nächstdunkleren Farbe gedruckt. Durch dieses Übereinanderdrucken kann dieselbe Platte durch unterschiedliche Ätzung und Einfärbung erstaunlich differenzierte Farbabstufungen erwirken.

Eine reine Aquatinta gibt gleichmässige Tonabstufungen wieder, ohne Übergänge und verlaufende Halbtöne. In Kombination mit der Radierung bereichert sie die Darstellung um dichte, farbige Halbtöne. Die ursprünglichen Staubkörner sind auf dem Papier als das sog. «Korn» erkennbar (ev. mit Lupe). Die Abnutzung von Aquatinta-Platten ist sehr hoch; es können kaum mehr als 100 gute Abdrucke produziert werden. Durch den hohen Druck, mit dem die Platte auf das befeuchtete Papier gepresst wird, ergibt sich auf der fertigen Grafik eine deutlich erkennbare Prägung und gleichzeitig ein feiner Plattenton, der von einem nicht ganz vollständigen Auswischen der Druckplatte herrührt und den grellen Kontrast zwischen Druckerschwärze und weissem Papier entschärft. Die Farbe haftet noch in trockenem Zustand erhöht auf dem Papier und die gedruckten  Linien weisen scharfe Ränder auf, weil die Farbe seitlich nicht aus den Furchen herausquellen kann.

Tiefdrucke können auch maschinell hergestellt werden, unter den verschiedenen Metallarten wird heute Kupfer am meisten verwendet. Der moderne Maschinendruck   erfolgt nicht mehr ab einer starren Druckform in der Handpresse, sondern die 3-4 mm dicke Druckplatte wird auf einen runden Zylinder aufgespannt oder sogar direkt auf den Kupferzylinder geätzt. Der moderne Tiefdruck wird in den neueren Verfahren mit einem fotografischen Zwischenschritt realisiert (Heliogravur, Raster, Offset).

Durch das häufige Auswischen und den starken Druck nutzt sich die Druckplatte schnell ab. Um dies zu verhindern wird diese meist vor dem Druck verstählt, um eine höhere Auflagenzahl zu erreichen.

Francisco Goya schuf beeindruckende Beispiele reiner Aquatinta Blätter (z.B. die Reihen «Caprichos» oder «Desastres de la Guerra»). In der modernen Malerei ist das Verfahren v.a. von Picasso, Miró und Rouault mit neuen Ausdrucksmöglichkeiten bereichert worden.